Ein fliehendes Pferd …

Hitzacker-Distanz 13.-15. September

.28.10.2013 | Fotos: privat | Text: Gisela Poelzig .

Auf diese Art „Ruhm“ hatte Eileen Ritz gewiss nicht gehofft, als sie an diesem Samstag ihren 5-jährigen Distanznachwuchs „Mandus Black Magic“, einen auf „Mouka Tuam“ ingezogenen Vollblutaraber-Wallach, gesattelt hatte.

Er sollte eigentlich nur in aller Ruhe den kleinen Einführungsritt angehen, um sich langsam in die Fußstapfen des älter werdenden Distanzpferdes seiner Besitzerin einzufinden. „Fury“, wie er auch genannt wird, hatte allerdings direkt nach dem Gruppenstart eine erheblich bessere Idee. Was auch immer den Lümmel gepiekt haben mag – jedenfalls entledigte er sich flugs seiner eigentlich sehr sattelfesten Reiterin und machte sich schlicht von dannen.

Während die Mitreiter der Gruppe sich um die verletzte Reiterin bemühten, die zunächst für zwei Tage in einer Klinik ausharren musste, war „Fury“ bereits über alle Berge. Eine beispielhafte Suchaktion begann. Geschlagene drei Tage lang suchten zahlreiche, von der Ritt-Veranstalterin Christiane Schlag generalstabsmäßig koordinierte Trupps zu Fuß, zu Pferd, mit Hunden – und letztlich sogar mit einem Leichtflieger aus der Luft den Wald um den Veranstaltungsort „Hotel Pferdeschulze“ ab.

Drei Tage und Nächte lang bangte die Distanzgemeinde und kaum jemand konnte ohne fürchterliche Bilder eines womöglich irgendwo im Dickicht festhängenden, hilflosen Pferdes einschlafen. Bis schließlich am Dienstag Nachmittag zwei Reiterinnen ihn bei einem Ausritt, kaum 1,5 km vom Startort, friedlich grasend auffanden. Komplett gesattelt und getrenst, quasi unverletzt, lediglich mit etwas geschundenen Maulwinkeln und einem verlorenen Hufschuh, ließ er sich bereitwillig einsammeln und seiner überglücklichen Besitzerin übergeben.

Keine Frage: Man hatte diese Fundstelle zuvor mindestens 100 Mal gesichtet. Was er so getrieben hat in der Zwischenzeit, weiß nur „Fury“ allein.

Die Diskussion über GPS-Tracking-Systeme schwappte in den Reiterforen hoch. Und tatsächlich ist es kaum auszuschließen, dass solche Vorfälle in unbekanntem Gelände im Grunde jedem Reiter passieren können. Teuer ist die zusätzliche Sicherung eigentlich nicht. Man könnte/sollte sich vielleicht wirklich Gedanken über den Einsatz dieser Technik machen.

Bereits seit 1976 gibt es die „50 Meilen von Hitzacker“, den Ritt, den der leider bereits verstorbene Peter Ludwig über viele Jahre durchgeführt hat. Christiane Schlag und Heike Schirmer zeichnen seit einigen Jahren verantwortlich für eine Wiederauflage im jährlichen Wechsel mit der sehr beliebten Veranstaltung „Gifhorner Schweiz“.

Tiefer Sand, sich lang ziehende An-und Abstiege, verwunschene Pfade durch dichtesten, menschenleeren Wald machen das Gelände anspruchsvoll. Hier werden in aller Regel keine rasanten Tempi geritten. Ein kluges Durchdenken der Ritt-Taktik ist angesagt.

Mit einem Sieg und dem „Best Condition“ hatte die äußerst erfahrene Birgit Vetter mit „Sanchoz“ die Strecke über 102 km am besten eingeteilt. Als Einzige beendete sie den gesamten Weg in der Wertung. Sanchoz stand am ersten Suchtag sogar noch einmal vergnügt bereit, um sich einem der Reitertrupps anzuschließen.


„Sanchoz“ (l) und der AV-Hengst PAN RE(r), der die 82km unter Margret Mucheyer als dritter i.d.W. beendete

Michaela Kosel hatte mit ihrem Kaderpferd, dem selbst gezogenen Vollblutaraber „MK Mythos“, Trainingsanweisung für die 61-km-Strecke bekommen und bewältigte diese im sensationellen Tempo von 17,77 km/h auf Platz eins. Damit war sie bei Weitem am schnellsten unterwegs gewesen.

Auf der 82 Kilometer langen Strecke siegte Hannes Dörr mit seinem unverwüstlichen „Natal“ in Tempo 5 vor Babette Narten mit dem ägyptisch gezogenen 13-jährigen „Adnan“-Sohn „Mahad al Sabah“.

Den Veranstaltern muss man besonders für den extremen Sondereinsatz danken und kann nur eine „ereignisfreie“ nächste „Gifhorner Schweiz- Distanz“ im Jahre 2014 wünschen!